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Methylenblau – neue Einsatzmöglichkeiten

Methylenblau ist eine der spannendsten Substanzen, die derzeit in der Forschung diskutiert werden. Ursprünglich wurde es im 19. Jahrhundert als Textilfarbstoff entwickelt, schon bald fand es jedoch Eingang in die Medizin. Über viele Jahrzehnte hinweg wurde es als Antiseptikum, Antimalariamittel und Antidot bei Vergiftungen eingesetzt.

Heute erlebt Methylenblau eine bemerkenswerte Renaissance: Neuere Studien weisen darauf hin, dass es nicht nur bei seltenen Blutvergiftungen (Methämoglobinämie) hilfreich ist, sondern auch neuroprotektive, antidepressive, antientzündliche und möglicherweise sogar krebshemmende Eigenschaften hat.


Ursprung und Eigenschaften

Methylenblau (MB, chemisch: Methylthioniniumchlorid) ist ein phenothiazinbasierter Farbstoff, der eine intensive blaue Farbe besitzt. Schon Ende des 19. Jahrhunderts wurde es als erstes synthetisches Antimalariamittel eingesetzt.

Es gehört zu den sogenannten redoxaktiven Molekülen – das bedeutet, dass es Elektronen aufnehmen und abgeben kann. Genau diese Eigenschaft macht es interessant für die Medizin, da viele Krankheiten mit oxidativem Stress und gestörter Zellatmung verbunden sind.


Klassische Anwendungen in der Medizin

  • Antidot bei Methämoglobinämie: Hier verhindert MB, dass der rote Blutfarbstoff Sauerstoff nicht mehr transportieren kann.

  • Antimalariamittel: Vor der Einführung von Chloroquin war Methylenblau das erste Medikament gegen Malaria.

  • Färbemittel in der Diagnostik: In der Pathologie wird MB eingesetzt, um Zellen sichtbar zu machen.

  • Harnwegsdesinfektion: In älteren Präparaten gegen Blasenentzündungen war es enthalten.


Neue Anwendungsgebiete in der Forschung

1. Neuroprotektion und Alzheimer

Methylenblau kann die Mitochondrienfunktion verbessern und die Bildung von Amyloid-Plaques im Gehirn hemmen. Das macht es zu einem potenziellen Kandidaten bei Alzheimer und anderen neurodegenerativen Erkrankungen.

Eine klinische Studie zeigte, dass MB in niedriger Dosierung die kognitive Leistung bei Alzheimer-Patienten stabilisieren konnte.
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/19221410/

2. Depression und psychische Erkrankungen

Durch seine Wirkung auf die Monoamin-Oxidase (MAO) und das serotonerge System wird MB auch als Stimmungsaufheller untersucht. Besonders interessant: In Kombination mit Psychotherapie oder sogar Psychedelika könnten niedrige MB-Dosen antidepressive Effekte entfalten.

Eine Studie fand heraus, dass Methylenblau in niedriger Dosierung die Symptome von bipolarer Depression reduzieren konnte.
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/16449476/

3. Krebsforschung

In der Onkologie wird MB als Photosensitizer in der sogenannten Photodynamischen Therapie (PDT) untersucht. Dabei wird MB in Tumorzellen eingeschleust und anschließend mit Licht aktiviert. Die Folge: Bildung von reaktiven Sauerstoffspezies, die Krebszellen abtöten.

Eine Übersichtsarbeit beschreibt die Anwendung von Methylenblau in der PDT bei Hautkrebs und Kopf-Hals-Tumoren.
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30777164/

Darüber hinaus wird MB in Zellstudien mit einer Hemmung von Tumorzellwachstum in Verbindung gebracht, da es den Energiestoffwechsel verändert.

4. Anti-Aging und mitochondriale Gesundheit

Methylenblau wirkt wie ein Elektronen-Shuttle in den Mitochondrien. Es kann die Aktivität der Atmungskette verbessern, den ATP-Spiegel erhöhen und oxidativen Stress reduzieren.

Eine Studie aus dem Jahr 2016 zeigte, dass MB die Lebensdauer von Nervenzellen verlängert und den altersbedingten Abbau von Mitochondrien verlangsamt.
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/27276520/

5. Infektionen und antivirale Wirkung

Methylenblau hat in vitro antivirale Eigenschaften gezeigt – unter anderem gegen HIV, SARS-CoV-2 und Herpesviren. Vor allem in Kombination mit Lichtbestrahlung entfaltet es starke Effekte.

Eine Studie aus 2021 beschreibt MB als wirksam gegen SARS-CoV-2 bei Photodynamischer Inaktivierung.
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34169760/


Sicherheit und Dosierung

Methylenblau ist in niedrigen Dosen gut verträglich, bei höheren Dosierungen kann es jedoch zu Nebenwirkungen kommen:

  • Übelkeit, Kopfschmerzen

  • Haut- und Urinverfärbung (bläulich)

  • In seltenen Fällen: Serotoninsyndrom, wenn gleichzeitig Antidepressiva (SSRI) eingenommen werden

Die therapeutische Dosierung liegt in den meisten Studien bei 0,5–4 mg/kg Körpergewicht.


Repurposing-Potenzial

Wie bei Metformin oder Fenbendazol gilt Methylenblau als Repurposing-Kandidat – also ein altes Medikament, das für neue Indikationen genutzt wird.

Spannend ist vor allem die Vielseitigkeit:

  • Neurologie (Alzheimer, Parkinson, Depression)

  • Onkologie (Photodynamische Therapie)

  • Infektiologie (antivirale Wirkung)

  • Geriatrie (Anti-Aging, Mitochondrien-Schutz)


Fazit

Methylenblau ist ein altes Medikament mit neuem Glanz. Es bietet interessante Ansatzpunkte in der Krebsforschung, Neurologie, Psychiatrie und sogar in der Anti-Aging-Medizin.

Noch fehlen große, placebokontrollierte Studien, um die Wirksamkeit in der Praxis zu bestätigen. Aber die bisherigen Ergebnisse machen Methylenblau zu einem der spannendsten Kandidaten in der modernen Repurposing-Forschung.


Quellen

  1. Alzheimer-Studie: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/19221410/

  2. Depression und bipolare Störung: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/16449476/

  3. Photodynamische Therapie bei Krebs: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30777164/

  4. Anti-Aging und Mitochondrien: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/27276520/

  5. Antivirale Wirkung (SARS-CoV-2): https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34169760/

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